Bildmitte: Sozialminister Manfred Lucha
UEGD

UEGD

Verbesserungsbedarf

Runder Tisch Baden-Württemberg zum ProstSchG

Grundsätzlich verbessert das Prostituiertenschutzgesetz die Situation von Sexarbeitern. Da ist sich der UEGD mit den meisten Teilnehmern einig. Jetzt gilt es die Defizite in der Umsetzung zu beseitigen.

Im Koalitionsvertrag zwischen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU wurde 2016 für die bis 2021 dauernde Legislaturperiode ein Runder Tisch Prostitution beschlossen, um Menschen in der Prostitution vor Ausbeutung zu schützen, ihre rechtliche, soziale und gesundheitliche Situation zu verbessern, sowie Menschen, die aus der Prostitution aussteigen wollen durch Ausstiegsprogramme zu unterstützen.

Nach nunmehr zwei Jahren Erfahrung mit dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG), hat sich unter der Leitung des baden-württembergischen Sozialministeriums ein Gremium konstituiert, das die Schwachstellen des Gesetzes in der Anwendung analysiert und Handlungsempfehlungen für Verbesserungen erarbeitet. Um das ProstSchG von allen Seiten zu beleuchten, setzt sich der Runde Tisch zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern von Politik, Verwaltung, dem Hilfe- und Beratungssystem sowie den Verbänden der Sexarbeiter und Betreiber (Teilnehmende Institutionen – PDF).

UEGD-Verbandsvorsitzender Holger Rettig ist sich sicher

Die vom Sozialministerium geschaffene Plattform fördert den Dialog und das Verständnis zwischen den einzelnen Institutionen. Schon die erste Sitzung zeigte, dass alle Teilnehmer mit großer Zuversicht dabei sind. Der UEGD freut sich auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Fakt ist, die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes ist eine große Herausforderung für alle Akteure, denn es handelt sich um eine gänzlich neue Materie, ohne jedwede Anwendungserfahrung und gefestigte Rechtsprechung.

Das erste Treffen am 5. Dezember 2019 unter der Leitung des baden-württembergischen Sozial- und Integrationsministers Manfred Lucha sowie Staatssekretärin Bärbl Mielich diente dazu, die Eckpunkte der Gremienarbeit zu verifizieren. Neben der Umsetzung der Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag sind vor allem die erst jetzt auffälligen Defizite durch eine uneinheitliche Verwaltungspraxis zu identifizieren. Im Einzelnen wurden folgende Schwerpunkte festgelegt:

I. Uneinheitlichkeit in der Verwaltungspraxis

Die Anwendung des Gesetzes wird als uneinheitlich empfunden. Im Rahmen der gesundheitlichen Beratungen sowie den Gesprächen zur Erteilung der Anmeldebescheinigung für Sexarbeiter bestünde eine Bandbreite zwischen Quantität und Qualität. Dadurch könne der Eindruck entstehen, dass mancherorts die Prostituierten mehr oder weniger durchgewunken und Bescheinigungen erteilt würden, und anderenorts eine akribische Ausforschung aller Umstände, unter denen die Prostitution ausgeübt wird, erfolge.

Der UEGD e.V. wies darauf hin, dass obwohl zurzeit keine aktuellen Daten vorliegen, anscheinend weit mehr als die Hälfte aller Anträge auf Erlaubnis eines Prostitutionsgewerbes noch ohne Bescheid sind. Insbesonders herrscht Irritation bei Antragstellerinnen und Antragstellern darüber, dass Erlaubnisbehörden die Erteilung einer Konzession vom Bestehen einer gültigen Baugenehmigung für ein Prostitutionsgewerbe abhängig machen, wenngleich § 12 Abs. 7 ProstSchG regelt: „Erlaubnis- oder Anzeigepflichten nach anderen Vorschriften, insbesondere nach den Vorschriften des Gaststätten-, Gewerbe-, Bau-, Wasser- oder Immissionsschutzrechts, bleiben unberührt.“.

Dazu UEGD-Präsident Holger Rettig

Sichere Arbeitsplätze im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes bedürfen Investitionen. Ein jahrelanges Warten auf Konzessionserteilung durch Erlaubnisbehörden -und somit ohne Rechtssicherheit- verhindert, dass Betreiberinnen und Betreiber das Schutzgesetz umsetzen können.

BESCHLUSS – Einsetzung einer Arbeitsgruppe unter dem Titel „Handlungsempfehlungen für die Verwaltungspraxis“.

II. ESF-Programm 2022-2027

Das Land setzt sich für eine Förderlinie beim Europäischen Sozialfond zum Ausstieg von Frauen aus der Prostitution ein, deren Umsetzung durch Fachberatungsstellen erfolgen soll. Eine Kabinettsvorlage ist derzeit in Arbeit.

BESCHLUSS – Eine Arbeitsgruppe soll Kriterien zur Ausstiegsberatung erarbeiten, die in die Ausschreibung von Projekten durch das Ministerium einfließen, um die sich anschließend Fachberatungsstellen bewerben können. Die Terminierung von Projekten ist offen, weil der EU-Sozialfond zuvor die Mittel bewilligen muss.

III. Förderung von Fachberatungsstellen

Wie wichtig Sozialminister Lucha der Schutz von in der Prostitution Tätigen ist, zeigt das Budget für den am 6. Dezember vom Landtag zu beschließenden Doppelhaushalt für die Jahre 2020/2021. Wurden 2019 die Fachberatungsstellen mit 0,375 Mio. Euro bezuschusst, so soll entsprechend des Haushaltsplanes 68403N235 ihre Förderung im Jahr 2020 auf 1,375 Mio. Euro und für 2021 auf 2,375 Mio. Euro ansteigen. Vorgesehen sind insbesondere Zuschüsse für Beratungsstellen u.a. gegen Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und Prostitution.

Darüber hinaus investiert der Bund mit dem Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ in den Jahren 2020 bis 2023 jährlich 30 Mio. Euro in den Aus-, Um- und Neubau sowie die Sanierung von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen. Dabei handelt es sich um die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (s.g. „Istanbul-Konvention“), die in Deutschland am 01. Februar 2018 in Kraft trat.

IV. Kosten

Für die Verwaltungsaufgaben im Rahmen des Prostituiertenschutzgesetzes (Anmeldegespräch und Gesundheitsberatung für Sexarbeiter sowie Erlaubniserteilung für Prostitutionsgewerbe) erfolgt zum 31.12.2019 die Kostenevaluation und Kostenfolgeabschätzung durch das Ministerium sowie die Kommunalen Spitzenverbände (Landkreistag, Städtetag, Gemeindetag).

V. Sonstiges

Aufgrund der Aktualität wurde auch über ein Sexkaufverbot gesprochen, dass die SPD Baden-Württemberg kürzlich auf ihrem Landesparteitag mit knapper Mehrheit beschloss.

Holger Rettig vom UEGD betont

Es ist mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass ein Verbot die Prostitution nicht beendet, sondern lediglich in den Untergrund verdrängt. Die Sexarbeiter sind dann gänzlich ohne Schutzsystem mit fatalen Folgen.

Der Runde Tisch verständigte sich darauf, in einer seiner nächsten Sitzungen das Sexkaufverbot von Experten erläutern zu lassen.

VI. Nächster Termin Runder Tisch Prostitution

Unabhängig der Einrichtung von Arbeitsgruppen und deren Arbeitsterminen ist die nächste große Sitzung des Runden Tisch Prostitution für das II. Quartal 2020 geplant.

UEGD

Verbesserungsbedarf

Runder Tisch Baden-Württemberg zum ProstSchG

Grundsätzlich verbessert das Prostituiertenschutzgesetz die Situation von Sexarbeitern. Da ist sich der UEGD mit den meisten Teilnehmern einig. Jetzt gilt es die Defizite in der Umsetzung zu beseitigen.
Bildmitte: Sozialminister Manfred Lucha
UEGD

Im Koalitionsvertrag zwischen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU wurde 2016 für die bis 2021 dauernde Legislaturperiode ein Runder Tisch Prostitution beschlossen, um Menschen in der Prostitution vor Ausbeutung zu schützen, ihre rechtliche, soziale und gesundheitliche Situation zu verbessern, sowie Menschen, die aus der Prostitution aussteigen wollen durch Ausstiegsprogramme zu unterstützen.

Nach nunmehr zwei Jahren Erfahrung mit dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG), hat sich unter der Leitung des baden-württembergischen Sozialministeriums ein Gremium konstituiert, das die Schwachstellen des Gesetzes in der Anwendung analysiert und Handlungsempfehlungen für Verbesserungen erarbeitet. Um das ProstSchG von allen Seiten zu beleuchten, setzt sich der Runde Tisch zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern von Politik, Verwaltung, dem Hilfe- und Beratungssystem sowie den Verbänden der Sexarbeiter und Betreiber (Teilnehmende Institutionen – PDF).

UEGD-Verbandsvorsitzender Holger Rettig ist sich sicher

Die vom Sozialministerium geschaffene Plattform fördert den Dialog und das Verständnis zwischen den einzelnen Institutionen. Schon die erste Sitzung zeigte, dass alle Teilnehmer mit großer Zuversicht dabei sind. Der UEGD freut sich auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Fakt ist, die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes ist eine große Herausforderung für alle Akteure, denn es handelt sich um eine gänzlich neue Materie, ohne jedwede Anwendungserfahrung und gefestigte Rechtsprechung.

Das erste Treffen am 5. Dezember 2019 unter der Leitung des baden-württembergischen Sozial- und Integrationsministers Manfred Lucha sowie Staatssekretärin Bärbl Mielich diente dazu, die Eckpunkte der Gremienarbeit zu verifizieren. Neben der Umsetzung der Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag sind vor allem die erst jetzt auffälligen Defizite durch eine uneinheitliche Verwaltungspraxis zu identifizieren. Im Einzelnen wurden folgende Schwerpunkte festgelegt:

I. Uneinheitlichkeit in der Verwaltungspraxis

Die Anwendung des Gesetzes wird als uneinheitlich empfunden. Im Rahmen der gesundheitlichen Beratungen sowie den Gesprächen zur Erteilung der Anmeldebescheinigung für Sexarbeiter bestünde eine Bandbreite zwischen Quantität und Qualität. Dadurch könne der Eindruck entstehen, dass mancherorts die Prostituierten mehr oder weniger durchgewunken und Bescheinigungen erteilt würden, und anderenorts eine akribische Ausforschung aller Umstände, unter denen die Prostitution ausgeübt wird, erfolge.

Der UEGD e.V. wies darauf hin, dass obwohl zurzeit keine aktuellen Daten vorliegen, anscheinend weit mehr als die Hälfte aller Anträge auf Erlaubnis eines Prostitutionsgewerbes noch ohne Bescheid sind. Insbesonders herrscht Irritation bei Antragstellerinnen und Antragstellern darüber, dass Erlaubnisbehörden die Erteilung einer Konzession vom Bestehen einer gültigen Baugenehmigung für ein Prostitutionsgewerbe abhängig machen, wenngleich § 12 Abs. 7 ProstSchG regelt: „Erlaubnis- oder Anzeigepflichten nach anderen Vorschriften, insbesondere nach den Vorschriften des Gaststätten-, Gewerbe-, Bau-, Wasser- oder Immissionsschutzrechts, bleiben unberührt.“.

Dazu UEGD-Präsident Holger Rettig

Sichere Arbeitsplätze im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes bedürfen Investitionen. Ein jahrelanges Warten auf Konzessionserteilung durch Erlaubnisbehörden -und somit ohne Rechtssicherheit- verhindert, dass Betreiberinnen und Betreiber das Schutzgesetz umsetzen können.

BESCHLUSS – Einsetzung einer Arbeitsgruppe unter dem Titel „Handlungsempfehlungen für die Verwaltungspraxis“.

II. ESF-Programm 2022-2027

Das Land setzt sich für eine Förderlinie beim Europäischen Sozialfond zum Ausstieg von Frauen aus der Prostitution ein, deren Umsetzung durch Fachberatungsstellen erfolgen soll. Eine Kabinettsvorlage ist derzeit in Arbeit.

BESCHLUSS – Eine Arbeitsgruppe soll Kriterien zur Ausstiegsberatung erarbeiten, die in die Ausschreibung von Projekten durch das Ministerium einfließen, um die sich anschließend Fachberatungsstellen bewerben können. Die Terminierung von Projekten ist offen, weil der EU-Sozialfond zuvor die Mittel bewilligen muss.

III. Förderung von Fachberatungsstellen

Wie wichtig Sozialminister Lucha der Schutz von in der Prostitution Tätigen ist, zeigt das Budget für den am 6. Dezember vom Landtag zu beschließenden Doppelhaushalt für die Jahre 2020/2021. Wurden 2019 die Fachberatungsstellen mit 0,375 Mio. Euro bezuschusst, so soll entsprechend des Haushaltsplanes 68403N235 ihre Förderung im Jahr 2020 auf 1,375 Mio. Euro und für 2021 auf 2,375 Mio. Euro ansteigen. Vorgesehen sind insbesondere Zuschüsse für Beratungsstellen u.a. gegen Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und Prostitution.

Darüber hinaus investiert der Bund mit dem Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ in den Jahren 2020 bis 2023 jährlich 30 Mio. Euro in den Aus-, Um- und Neubau sowie die Sanierung von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen. Dabei handelt es sich um die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (s.g. „Istanbul-Konvention“), die in Deutschland am 01. Februar 2018 in Kraft trat.

IV. Kosten

Für die Verwaltungsaufgaben im Rahmen des Prostituiertenschutzgesetzes (Anmeldegespräch und Gesundheitsberatung für Sexarbeiter sowie Erlaubniserteilung für Prostitutionsgewerbe) erfolgt zum 31.12.2019 die Kostenevaluation und Kostenfolgeabschätzung durch das Ministerium sowie die Kommunalen Spitzenverbände (Landkreistag, Städtetag, Gemeindetag).

V. Sonstiges

Aufgrund der Aktualität wurde auch über ein Sexkaufverbot gesprochen, dass die SPD Baden-Württemberg kürzlich auf ihrem Landesparteitag mit knapper Mehrheit beschloss.

Holger Rettig vom UEGD betont

Es ist mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass ein Verbot die Prostitution nicht beendet, sondern lediglich in den Untergrund verdrängt. Die Sexarbeiter sind dann gänzlich ohne Schutzsystem mit fatalen Folgen.

Der Runde Tisch verständigte sich darauf, in einer seiner nächsten Sitzungen das Sexkaufverbot von Experten erläutern zu lassen.

VI. Nächster Termin Runder Tisch Prostitution

Unabhängig der Einrichtung von Arbeitsgruppen und deren Arbeitsterminen ist die nächste große Sitzung des Runden Tisch Prostitution für das II. Quartal 2020 geplant.